Drei Leben. Der neue Roman von Fabian Vogt

Drei Leben hätte Isabella gerne, um sich alle ihre Träume erfüllen zu können – und um ja nichts zu verpassen. Jasper erfüllt ihr diesen Wunsch. Einzige Bedingung: Nach sieben Jahren muss sie sich entscheiden – für das Leben der abenteuerlustigen Weltenbummlerin, das der erfolgreichen Managerin oder für das glamouröse Leben einer Gitarristin in einer Frauenrockband. Das Wiedersehen der drei Isabellas nach sieben Jahren wird zu einer schillernden Abrechnung mit dem Dasein: Welches Leben ist am kostbarsten?

Ein mitreißende Roman, der fantasievoll und höchst unterhaltsam der alten Menschheitsfrage nachspürt: Was wäre geworden, wenn ich bestimmte Entscheidungen anders gefällt hätte?

Persönliches

Dr. Fabian Vogt

Ich liebe Geschichten. Und ich liebe es, Geschichten zu erzählen. In Romanen, als Kabarettist, auf der Theaterbühne, im Radio, auf der Kanzel – oder im Berliner ThinkTank “midi”, bei dem ich seit 2022 mit einer Teilzeit-Stelle für die Evangelische Kirche in Deutschland und die Diakonie Ideen für eine zukunftsfähige Kirche entwickle.

Weil ich nach dem Abitur nicht sofort wusste, was aus mir werden soll, habe ich einfach alles studiert, was mich damals begeistert hat: Germanistik, Theologie, Film- und Theaterwissenschaften und Gesang. Und siehe da: Alles, was ich dabei gelernt habe, kann ich bis heute mit großer Leidenschaft beruflich nutzen. Und das mache ich auch.

Seit 2022 wohne und arbeite ich in Berlin – nachdem ich 7 Jahre lang richtig gerne Gemeindepfarrer um Vordertaunus war, bevor mich die Lust am (noch) kreativeren Arbeiten dann doch verführt hat, in die Öffentlichkeitsarbeit zu gehen. Meine beiden Kinder können sich, zum Glück, genauso für Geschichten begeistern wie ich.

Neben den großen und kurzen Geschichten schreibe ich gerne Sachbücher, die das „Schwere leicht sagen“, also komplexe Themen auf unterhaltsame Weise vermitteln. Und natürlich genieße ich es besonders, Theologisch-Tiefgründiges so zu erläutern, dass man darüber gerne weiter nachdenkt. Ein echtes Vergnügen!

Vorträge

Fabian Vogt ist seit Jahren in ganz Deutschland als Referent unterwegs. Unter anderem zu diesen Themen:

Hinter jedem großen Mann steckt eine starke Frau 

Wie Katharina von Bora ihren Martin Luther auf Trab brachte.

Gottesdienst neu entdeckt

Eine kleine Motivationsschule für leidenschaftliche und bewegende Gemeindearbeit.

Predigen als Erlebnis

Von der Kunst, mitreißende Geschichten zu erzählen.

Das ist Glück!

Ein anregender Besuch in der Welt der Glücksforschung und ihren inspirierenden Anregungen.

 

Lesevergnügen

Fabian Vogt

Papas Parfüm

Es duftet so nach … Papa.

Wie bitte! Das kann doch gar nicht sein.

Erstaunt starrte Paula den Nikolaus an. Moment mal. Der alte Mann mit dem schlohweißen Rauschebart, der rauen Stimme und dem roten Kapuzenmantel, der roch genauso wie Papa.

Ja, Paula war sich ganz sicher. Das war doch dieses neue Parfüm, das Mama ihm zum ersten Advent geschenkt hatte. „Hero“ hieß es.

Papa hatte beim Auspacken neckisch die Augenbrauen hochgezogen – „So so, ‚Hero‘“ – und Mama hatte sehr verschmitzt geguckt. Ein bisschen so, als sei sie frisch verliebt: „Na, das passt doch, mein … Hero, mein Held.“

Also so was. Das war doch … Da kam dieser … dieser komische Nikolaus einfach durch den Kamin, ging ins Bad und bediente sich vor der Bescherung heimlich an Papas neuem Parfüm. Was für eine Dreistigkeit!

Und eines war klar: Er hatte bestimmt nicht gefragt. Konnte er ja gar nicht. Denn Papa war noch im Büro. Mama hatte vorhin ganz traurig geklungen, als sie sich am Telefon verabschiedete. Sie hatte den Hörer aufgelegt und dann gesagt: „Och, wie schade. Du, Paula, Papa muss noch arbeiten, er kann leider nicht dabei sein, wenn der Nikolaus kommt. Wie blöd!“

Tja, und dann so was. Da nutzte dieser rote Heini die Gelegenheit, dass Papa nicht zuhause war, und benutzte verbotenerweise sein Parfüm. Obwohl das doch so teuer gewesen war. Ja, als Papa seine kleine Paula am ersten Advent aufgefordert hatte, den neuen Duft doch selbst mal auszuprobieren, hatte diese gleich fröhlich losgesprüht – Parfüm aufs Handgelenk, auf den Hals, auf die Füße, auf die Barbie, auf Ken – woraufhin Mama mahnend gerufen hatte: „Paula, nicht so viel. Es reicht. Da kostet jeder Tropfen ein kleines Vermögen. Das ist nur für Papa. Ab jetzt darf da keiner mehr ran. Verstanden?“

Ja, Paula hatte verstanden. Aber der hier nicht, der Nikolaus. Dieser … dieser Kleinkriminelle. Dieser Duft-Dieb. Der stand da ganz scheinheilig vor dem Kamin, holte Apfel und Nuss und Mandelkern aus seinem Jutesack und tat so als wäre nichts. Dabei war sein Frevel, sein Vergehen im ganzen Zimmer zu riechen.

So was … kleine Süßigkeiten verschenken und selbst Parfüm klauen.

Paula musste schlucken. Vielleicht tat sie dem Nikolaus ja Unrecht. Vielleicht hatte der einfach genau das gleiche Parfüm von seiner Frau geschenkt bekommen. Nee. Der Nikolaus hat doch keine Frau. Oder doch? Nicola? Nikolausine? Nein, ganz bestimmt nicht.

Und wenn er sich das Parfüm selbst gekauft hatte? Auch nicht. Auf gar keinen Fall. Der Nikolaus hielt doch nicht einfach mit seinem Rentierschlitten bei „Douglas“ und ließ sich neuste Duftkreationen vorführen. Und wenn, dann hätten das die Zeitungen garantiert berichtet: „Nikolaus kauft ‚Hero‘-Parfüm.“ Es musste eine andere Erklärung geben.

Bestimmt hatte der Nikolaus, als er bei ihnen angekommen war, nur mal schnell aufs Klo gemusst. Klar, nach der vielen Rumfliegerei in der Kälte. Dem ewigen Sitzen in Bärenfellen. Nach all den endlosen Ho-ho-hos und der Kaminkletterei … da hatte er in ihrem Bad das Parfüm gesehen und sich gedacht: „Ich möchte auch mal wie ein Held riechen. Nur einmal im Leben.“ Ja, so war das passiert.

Auf einmal tat Paula der Nikolaus leid. Unendlich leid. Dieser arme Mann. Immer unterwegs. Den ganzen Tag Geschenke verteilen. Keine Frau zu Hause. Kein Parfüm. Keine eigenen Kinder. Kein Wunder, dass er, dieses Vorbild an Anstand und Ordnung, in ihrem Bad die Nerven verloren hatte. Er war vor lauter Verzweiflung, vor lauter Sehnsucht nach Wohlgeruch über die Stränge geschlagen. Aber bestimmt nicht aus Bösartigkeit, sondern nur wegen der Umstände. Und wahrscheinlich hatte er auch eine schwere Kindheit gehabt.

Paula sprang auf, hörte ihre Mutter rufen „Wo willst du denn hin?“, aber da war sie schon in der Küche. Schnell holte sie aus der Werkzeugkiste neben der Spülmaschine den Hammer und rannte die Treppe hoch in ihr Zimmer.

Wo war es nur? Genau, da, auf dem Regal neben der Playmobil-Schloss. Das Sparschwein. Mit einem Schlag zertrümmerte Paula die Porzellan-Sau und klaubte die Münzen aus den Scherben. Das waren – eilig zählte sie – ungefähr 11 Euro 30. Bekam man dafür ein Parfüm? Einen Flakon „Hero“? Egal. Sie musste wieder runter, bevor der Nikolaus weiterfuhr.

Im Flur tönte es schon laut: „Ho-ho, ho-ho. Hast du deine Blockflöte geholt, um mir etwas vorzuspielen, kleine Paula?“

Paula schüttelte den Kopf. Biss sich auf die Lippen. Leise sagte sie: „Ich weiß, was du gemacht hast, lieber Nikolaus. Aber das ist nicht schlimm. Du warst halt auch mal nicht artig. Das kann jedem passieren.“

Flüsternd fügte sie hinzu: „Mach dir keine Sorgen. Ich sag es keinem. Also, dass du heimlich das neue, teure Parfüm von meinem Papa benutzt hast. Und die Adventszeit ist doch eine Zeit, wo man vergeben soll. Weil Gott bald auf die Erde kommt.“

Sie drückte dem Nikolaus die Münzen in die Hand: „Hier. Nimm. Mit dem Geld kannst du einen Engel losschicken, der dir das Gleiche kauft. Es heißt ‚Hero‘ und duftet wirklich ganz toll.“ Sie grinste. „Aber das weißt du ja schon. Und verrat es bitte nicht meinem Papa. Der hat nämlich gesagt: Mein Erspartes darf ich nur für was ganz, ganz Wichtiges ausgeben. Also nicht für Süßigkeiten oder Comic-Hefte oder so. Aber, es ist doch wichtig, dass der Nikolaus auch mal wie ein ‚Hero‘ riecht. Oder nicht? Nikolaus? Du weinst doch nicht etwa?“

Der Nikolaus nahm Paula in die Arme. Etwas zu fest, fand sie. Sie sollte sich doch nicht von fremden Männern in den Arm nehmen lassen. Obwohl: Das war ja der Nikolaus. Und er duftete so sehr nach Papa.